Dienstag, November 06, 2007

Die Mähr von der Selbstmotivation

Erlebnisse und Erkenntnisse zum Thema

Lang ist es her, da befand sich ein Mensch in einer Lebenskrise. Name und weitere Einzelheiten dürften belanglos sein. Nur so viel sei angemerkt, es handelte sich um einen durchschnittlich gebildeten Menschen, den der Autor dieses Beitrages mehr als nur gut kannte. Dieser Mensch wusste, mit einer Portion Selbstmotivation könnte er sich aus seiner Krise befreien, nur ließ eben diese Motivation damals auf sich warten. Da selbige sich trotz besten Willens nicht einstellen wollte, berichtete der Leidende in einem entsprechenden Online-Medium über seine Lebenskrise, auf eine richtungsweisende Antwort hoffend. Eine Antwort kam, doch für einen von nun an erleuchteten Pfad, wie es sich der unter seiner Krise leidende Mensch gewünscht hätte, war diese Antwort kaum ergiebig genug oder so richtig hilfreich.

Heute sind sich der einst Betroffene und der Autor ziemlich sicher, es lag nicht nur an der damaligen Situation, sondern es spielten auch leichte bis mittlere Depressionen eine gewisse Rolle. Kaum ein Mensch ist jedoch aus eigenen Kräften in der Lage, sich aus einer mittelschweren depressiven Phase heraus erfolgreich zu motivieren. Depressionen sind wie alle anderen Erkrankungen behandelbar, jedoch nur von ausgebildeten Psychologen. Leichte Depressionen, wie allgemeine Winterdepressionen, lassen sich sicherlich mit entsprechenden Hausmitteln kurieren, schwere jedoch nicht. Zu den Hausmitteln, welche bei leichten Depressionen helfen könnten, zählen sicherlich Spaziergänge an frischer Luft und andere Sofortmaßnahmen, doch darum soll es hier in diesem Beitrag nicht gehen.

Weiterhin bleibt festzustellen, über positives Denken oder Selbstmotivation zu schreiben ist eine Seite der Medaille, sich aus eigenen Kräften zu motivieren, ist hingegen eine ganz andere Seite. Es gibt viele Bücher und Artikel zum Thema positives Denken und Selbstmotivation, wer hingegen nach praktischen Ratschlägen sucht, der wird unter Umständen nicht wirklich fündig. Zumindest dann nicht, wenn es darum geht Tipps und Anregungen zu finden, die in bestimmten Lebenslagen anwendbar sind, um sich aus einer Lebenskrise wieder hoch zu rappeln. Oftmals liegen einer Ausgangssituation Bedingungen zu Grunde, die sich nicht von heute auf morgen und so ohne weiteres in kurzer Zeit abstellen lassen, die jedoch die Lebenskrise erst verursachten. Doch lange Rede, kurzer Sinn, kommen wir zu der Ausgangssituation des einst Betroffenen.

Bedingungen und Ausgangssituation:

Der Betroffene war seit vielen Jahren selbständig in einem Bereich tätig, der zur damaligen Zeit nicht so richtig boomte, vielmehr von einer Flaute betroffen war. Höhen und Tiefen wechselten sich in diesem Bereich ab, nur das die Höhen sich zunehmend verflachten und ungeahnte Tiefen erreicht wurden. Um diesen Trend entgegen zu wirken, beschloss der Betroffene überregional tätig zu werden. Aufträge ließen nicht auf sich warten, nur die Einnahmen kamen nicht. Der Rutsch in die Tiefe war von finanziellen Ausfällen und Lohnrückständen begleitet und im privaten Bereich ging sogar das Heizöl im Keller zur Neige. Nur der unmittelbare Wohnbereich wurde noch von einem E-Heizkörper erwärmt. In der winterlich kalten Küche wurde das Wasser nur noch mit einem Tauchsieder erwärmt und an einem Bad in der Wanne war nicht mehr zu denken. Doch das alles haute ihm noch nicht wirklich um.

Was ihm wesentlich mehr zu schaffen machte, das waren folgende seelische Begleitumstände. Er brachte es nicht mehr fertig, erforderliche Büroarbeiten ordnungsgemäß zu erledigen und im Haushalt ein Mindestmaß an Ordnung zu halten. Alles verkam in fortschreitender Unordnung. Hierzu sollte der Leser wissen, Aufräumungsarbeiten waren noch nie seine Stärke und einen überaus großen Hang zur Ordnung besaß der Betroffene noch nie. So lange es Menschen in seinem direkten Umfeld gab, wie Freunde, Eltern oder Bekannte, da hatte der Betroffene auch vieles von dem umgesetzt, was er sich so vornahm. Alles ging ihm leichter und problemloser von der Hand, solange sich ein menschliches Wesen als Gesprächspartner in seiner Nähe befand. Doch seitdem die Eltern verstorben und die Arbeitnehmer wegen Lohnrückständen entlassen waren, weiterhin Freunde sich rar machten, ließ auch die Umsetzung von kleinsten Vorhaben stetig mehr zu wünschen übrig. So nahm der Betroffene sich stetig vor, zum Beispiel umgehend die Wohnung aufzuräumen. Doch bevor er so richtig loslegen wollte, da wollte er nur noch schnelle eine Tasse Kaffee trinken, mal kurz im Internet nachsehen ob es etwas Neues gibt, nur schnell eine Mail beantworten oder eine andere unbedeutende Kleinigkeit erledigen. Wenn dann der Abend kam, so war noch immer nichts erreicht. So verging ein Tag wie der andere und eine Woche wie die andere. Soweit die Ausgangssituation.

Resümee und Fazit

Realistisch betrachtet, die abhaltenden Kleinigkeiten, wie die obligatorische Tasse Kaffee, waren nur innerliche Ausreden, um sich innerlich vor der Ausführung der Vorhaben zu drücken. Ein Mensch in einer Krise wird durch Vereinsamung und Isolation zusätzlich gebremst. Ratschläge und Vorwürfe, wie „na dann musst du dich mal zusammen reißen“, sind keine Hilfe, sondern verschlimmern höchstens noch die Situation. Sich „zusammen reißen“ setzt ein Mindestmaß an Selbstmotivation voraus. Selbstmotivation baut jedoch auf Belobigungen nach erreichen eines sich selbst gesteckten Zieles voraus. Wenn das Ziel, wie in der Situation des Betroffenenden zum Beispiel aus der Bewältigung von Büroarbeiten und ähnlichen Tätigkeiten besteht, so müsste sich eine Belobigung zum Beispiel in Form einer betriebwirtschaftlichen Stabilisierung einstellen. Bleibt die Belobigung jedoch aus und erfolgt statt dessen eine weitere negative Destabilisierung der betriebwirtschaftlichen Situation, so ist eine Selbstmotivation fruchtlos und oftmals zum Scheitern verurteilt.

Nicht anders verhielt es sich mit der Selbstmotivation in Bezug auf die Aufräumungsarbeiten im privaten Bereich des Betroffenen. Das Fazit aus dieser Situation, fehlen hier soziale Kontakte, zum Beispiel ein nahestehender Mensch, der mehrmals pro Woche nach dem Rechten sieht, so wird auch hier die Selbstmotivation ohne Belobigung auf der Strecke bleiben. Die Küche war nach einigen Wochen wieder aufgeräumt, jetzt hätte ein Lob gefehlt. Der nächste Besucher kam jedoch erst, als die Küche wieder verkommen war und statt Lob kamen eher Worte wie „es sieht ja hier immer noch schrecklich aus, hast du denn in der ganzen Zeit gar nichts gemacht“.

Zusammenfassend lässt sich vereinfacht behaupten, die oft gepriesene Selbstmotivation wird zur Mähr und bleibt auf der Strecke, wenn es dem, von einer Lebenskrise betroffenen Menschen nicht gelingt, soziale Kontakte zu pflegen, er statt dessen unter zunehmender Vereinsamung leidet. Weiterhin wird jedwede Form von Selbstmotivation zur Mähr, wenn diese Selbstmotivation nicht mit abschließenden Belobigungen verbunden ist.

Im übrigen kam der Betroffene aus eigenen Kräften wieder aus dieser Situation und die depressiven Phasen wichen, nach dem er erkannte, das er sich nicht selbst zu unliebsamen Handlungen motivieren müsse, sondern fortan nur noch das tut, wozu er gerade so richtig Lust hatte. Es gibt nicht viele Menschen, die von sich behaupten können, einer Arbeit nachzugehen, die gleichzeitig ihr Hobby ist, doch der einst Betroffene zählt heute zu diesen glücklichen Menschen und ist sich seines durchaus Glücks bewusst.