Mittwoch, Oktober 24, 2007

Lügen und Mimikry beim Menschen

Liegt das Lügen dem Menschen in den Genen?

Unehrlichkeit in Form von Lügen ist nach menschlichen Moralvorstellungen eine Charakterschwäche und wird als das Gegenteil von Aufrichtigkeit bezeichnet. Freunde und Partner eines Menschen werten ihnen von diesen Menschen entgegengebrachte Lügen als Vertrauensbruch und je nach Situation und Schwere kann sich hier eine Zerreißprobe für eine Beziehung oder Freundschaft anbahnen. Lediglich kleine Notlügen werden zuweilen toleriert. Tieren hingegen sagt man nach, dass sie weder Dankbarkeit noch Unehrlichkeit kennen. Doch ist es wirklich an dem? Ist das Lügen Tieren fremd und nur dem Menschen eigen? Oder ist die Fähigkeit zum Lügen dem Menschen bereits angeboren und liegt ihm, wenn es so sein sollte, bereits in den Genen?

Das Lügen in Form einer bewussten Unehrlichkeit scheint dem Menschen nicht angeboren zu sein, zumindest reagieren Kleinkinder unter einem gewissen Alter noch nicht durch Lügen. Die Fähigkeit zum Lügen entwickelt sich erst mit dem 4. bis 5. Lebensjahr eines heranwachsenden Menschenkindes. Eine Voraussetzung zum bewussten Lügen ist, dass ein Kind bereits in der Lage ist, sich bei der zwischenmenschlichen Kommunikation in andere Personen hinein zu versetzen, um abzuwägen, wie diese Personen auf eine Lüge reagieren könnten. Lügen geschieht letztendlich ja aus dem Grund, sich durch Unehrlichkeit einen Vorteil zu verschaffen oder um einer Bestrafung zu entgehen. Angst vor Strafe und Kritik ist somit ein wesentlicher Faktor fürs Lügen. Daneben gibt es noch eine Reihe weiterer Gründe, die den einen oder anderen Menschen zum Lügen verleiten, diese sollen hier jedoch weniger interessieren.

Tieren fehlt nun diese Gabe sich in andere Tiere oder Personen hinein zu denken. Die eine oder andere Vorstufe bzw. bestimmte verwandte Verhaltensweisen sind jedoch auch im Tierreich anzutreffen. Zum einen neigen einige Tierarten in Konfliktsituationen zu so benannten Übersprungshandlungen, zum anderen betrifft es die optische Tarnung und Täuschung, die hier als Mimikry bezeichnet wird. Eine Übersprungshandlung liegt zum Beispiel dann vor, wenn ein Hund nicht weiß warum sein Herrchen oder Frauchen erzürnt ist und tobt und der Hund statt zu kommen, erst einmal so tut, als hätte er einen Leckerbissen gefunden oder eine andere nicht zur Situation passende Verhaltensweise vorspielt. In jedem Fall muten dann diese Handlungen wie eine Theaterrolle aus einem Stehgreifspiel an, ohne das die Situation für diese Handlung gegeben wäre.

Anders sieht es mit dem Begriff Mimikry aus. Mimikry wird im Tierreich und ebenso in der Pflanzenwelt völlig unbewusst von den betreffenden Arten angewendet, um zum Beispiel einen Fressfeind oder eine Beute durch optische Täuschung in die Irre zu führen und so die eigenen Überlebenschancen zu verbessern. Beispielsweise gibt es völlig wehrlose Fliegenarten, die sich aber mit den Farben von Wespen tarnen. Durch diese schwarz/gelbe Zeichnung wird Fressfeinden signalisiert; „Vorsicht, ich könnte dich stechen“.

Doch gibt es Mimikry auch beim Menschen? Zweifellos neigt auch der Mensch zum Mimikry. Hier ist es vielfach die Kleidung und der alte Spruch „Kleider machen Leute“ kommt ja nicht von ungefähr. Nicht nur Spione, Agenten oder Verbrecher benutzen zuweilen fremde Uniformen, um eine Wirkung damit zu erzielen. Eines der wohl bekanntesten Beispiele für Mimikry beim Menschen war wohl der Hauptmann von Köpenick. Eine andere Form des Mimikry beim Menschen besteht in der Nachahmung von bekannten Persönlichkeiten, zum Beispiel den vielen Imitationen von bekannten Künstlern. Bei diesen Personen handelt es sich beim Mimikry um eine bewusste optische Täuschung, im Gegensatz zum Tierreich. Bleibt die Frage, gibt es auch beim Menschen eine unbewusste Neigung zum Mimikry?