Donnerstag, Juni 02, 2016

Dichter und Denker mit Problemen

Die Deutschen seien ein Volk der Dichter und Denker, so heißt es zuweilen. Dabei handelt es sich wohl um eine Redewendung, die von Wolfgang Menzel, einen einstigen Kritiker mit schriftstellerischen Ambitionen, geboren im Jahre 1798 und verstorben im Jahre 1873. Unter anderem verfasste Wolfgang Menzel ein mehrbändiges Werk über Literaturgeschichte.
Doch was tun die Dichter und Denker unserer Tage?
Das literarische Schaffen ist dem Kommerz unterworfen und wer als Autor dem nicht Rechnung trägt, der wird auf seinen Manuskripten sitzen bleiben, da nützt ihm auch kein Talent. Dieses oft gebeutelte Wort Talent reicht an sich jedoch ohnehin nicht, um als Autor Erfolg zu haben. Nicht weil weniger gelesen würde, ganz und gar nicht. In noch keinem Zeitraum wurde so viel an mit Lettern bedrucktes Papier unters Volk gebracht, wie in den letzten 50 bis 100 Jahren. Ein Umstand liegt eher darin begründet, es gab noch nie so viele Autoren wie heute. Autoren, die sich mehrheitlich auch noch für gut halten, ohne der Welt wirklich etwas zu sagen zu haben. Noch mehr Autoren sowie Dichter und Denker treibt jedoch nur ein Gedanke nach Selbstverwirklichung zum Schreiben.

Wem es noch nicht aufgefallen ist, einst wurden Handarbeiten verrichtet, gehäkelt, geklöppelt, geschnitzt, gebastelt oder gestrickt. Heute wird sich ein Buch geholt mit dem Thema "Wie lerne ich in zwei Tagen Malen" oder "Wie werde ich Autor", dann sich an die Vollendung eines Lebenswerkes zu schaffen gemacht. Ist dann ein malerisches Kunstwerk oder ein Roman mit spartanischer Seitenzahl vollendet, verstehen so einige die Welt nicht mehr. Da wird geklagt und gejammert, nur dabei das Wesentliche vergessen.
Zu diesem Wesentlichen gehört, dass auch frühere Meister nicht vom Himmel fielen und zuweilen nur für ihre Kunst in eher ärmlichen Verhältnissen lebten. Wenige davon wurden berühmt, zuweilen erst nach ihrem Tod. Somit sollten heutige Dichter und Denker ebenfalls sich von den illusorischen Vorstellungen trennen, unbedingt schon zu ihren Lebzeiten den Ruhm für ihre Arbeit genießen zu können. Die Selbstvermarktung bereits zu Lebzeiten zu realisieren, das gelinkt zwar immer noch erstaunlich vielen Autoren, doch die beginnen auch nicht erst mit ihrer schriftstellerischen Tätigkeit nach einem 8 Stunden Arbeitstag als Büroangestellte oder Kraftfahrer.